Vergütungssysteme zwischen betrieblicher Individualität und standardisiertem Arbeitsmarkt

Die Gestaltung neuer Vergütungssysteme ist ein spannendes, von Interessen geleitetes, nicht immer konfliktfreies und häufig gewagtes Unterfangen. Nicht zuletzt deshalb haben bestehende betriebliche und tarifliche Vergütungssysteme eine hohe Beständigkeit, selbst wenn sie nicht mehr zeitgerecht und mit offensichtlichen Mängeln versehen sind. Oft fehlt die Kraft zur Veränderung, da das sensible Thema Vergütung immer auch die Frage nach gerechter Bezahlung aufwirft und sich folglich mit unseren stark ausdifferenzierten und individualisierten gesellschaftlichen Werten auseinandersetzen muss. Da alle Mitarbeiter betroffen sind, wollen auch alle Mitarbeiter mitreden. Hinzu kommt die Organisation der Finanzierbarkeit des neuen Vergütungssystems. Hier sind insbesondere die Kosten der Umstellung vom alten auf das neue Vergütungssystem zu beachten, da die erworbenen Besitzstände der Mitarbeiter i. d. R. gewahrt bleiben.

Die Gestaltung neuer Vergütungssysteme geschieht derzeit in einem interessanten Spannungsfeld. Einerseits gelten tarifliche Vergütungssysteme als überholt und es sollen differenzierte, auf die Unternehmen und ihre Unternehmenskultur zugeschnittene Vergütungssysteme betrieblich gestaltet werden. Andererseits bestimmen sich die Spielregeln auf den Arbeitsmärkten in der globalisierten Welt durch internationale Standards und Wertvorstellungen, die für gewöhnlich das Menschenbild des Homo oeconomicus zum Vorbild haben.  

Zusätzlich stellt sich die Frage, ob die Vergütungssysteme an die sich wandelnden Arbeitsbedingungen, z. B. New Work, stets angepasst werden oder ob die Unternehmenswerte und Gerechtigkeitsvorstellungen der Mitarbeiter im Vordergrund stehen und auch in einer sich stets verändernden Arbeitswelt Bestand haben sollen. Insbesondere Vertreter von „New Pay“ fordern „agile Vergütungsmodelle“, die ständig an die veränderten Arbeitssituationen angepasst werden. Sind Vergütungssysteme modischen Änderungen unterworfen und wirken wie ein „Maßstab aus einem elastischen Gummiband“ oder sind sie ein „nachhaltiger, verlässlicher Urmeter“? Sollen Vergütungssysteme ein für Mitarbeiter und Unternehmen berechenbarer „Fels in der Brandung“ sein oder grundsätzlich flexibel gestaltet werden? All diese Fragen gilt es bei der Gestaltung eines Vergütungssystems zu klären.

Sowohl die Psychologie als auch die Erfahrung lehrt uns, dass Vergütungssysteme nicht ausschließlich vom Menschenbild des Homo oeconomicus ausgehen dürfen, sondern auch gerecht gestaltet und in der Anwendung fair sein müssen. Sie sollen die Mitarbeiterführung unterstützen und den Führungskräften ein Instrument in die Hand geben, um ihre Mitarbeiter extrinsisch zu motivieren.

Im Zuge der Diskussion von New Work und einer Demokratisierung der Arbeit ist die Gestaltung und Umsetzung der Vergütungssysteme – die immer auch Führungsinstrumente sind – besonders interessant. Dabei ist die faire Anwendung von Entgeltsystemen, die die Mitarbeiter als gerecht bewerten, von besonderer Bedeutung, das gilt insbesondere für das Leistungsentgelt.  

 

    gemeinsam erarbeiten – gerecht gestalten – fair anwenden